Bilder einer Landschaft– 3 Länder- Kunstprojekt, Bautzen, Slovenj Gradec, Klagenfurt, Cottbus

Bilder einer Landschaft, 2019

Hrsg. Museum für moderne und zeitgenössische Kunst Koroska, Slovenj Gradec

Museum Moderner Kunst Kärnten, Klagenfurt

Stiftung für das sorbische Volk, Bautzen

ISBN 978-3-7420-2560-9

DYSTOPISCHE POESIE

Wüsten, so scheint es, sind für den Maler und Fotografen Michael Kruscha ein besonderes Faszinosum. Bei seinen weitführenden Reisen hat er stets jene Spuren mit der Kamera festgehalten, die der Mensch in diesen unwirtlichen Orten hinterlassen hat. Seit 2011 widmet er sich vor allem mit malerischen Arbeiten und Collagen den Lausitzer Sandgebirgen. Der entscheidende Unterschied zu den Steppen in Kasachstan oder der Atacama-Wüste ist, dass der hiesige Kohleabbau menschengemachte Einöden schafft. Diese zerstörerischen Eingriffe wie auch die Prozesse der Transformation sind Zentrum einer Reihe großformatiger Kompositionen zum Thema. Feine blaugraue, weiße und schwarze Linien ziehen sich durch ockerfarbene, verschwommene Landschaften – eine Sinfonie der Lausitz (2011). Die Natur verschwindet hier hinter der scharfen mechanischen Konstruktion, die dem gesamten Bildraum Halt und Spannung verleiht. Im Laufe der Zeit verlieren die Arbeiten des Künstlers diesen Kontrast zwischen der Feingliedrigkeit sowie grafischen Behandlung der technischen Elemente und der konturlosen, malerischen Darstellung der transformierten Natur. Jüngere Werke sind geprägt durch einen durch und durch malerischen Duktus, der diese Elemente in einander verschwimmen lässt. Das Konkrete wird in diesen Arbeiten zugunsten freierer Assoziationsräume aufgelöst. Die kleineren Papierarbeiten der Serie Gestörte Landschaften – mental maps (2016) deuten im Zusammenspiel der bekannten Farbpalette und dem ausdrucksstarken Farbauftrag auf die brachialen Tagebaulandschaften. Gleichzeitig sind die Formenanordnungen offen und verweisen nach innen. Demgemäß können sie als Ausdruck fließender Gedanken des Künstlers identifiziert werden, wie auch als offene Stellen, die anregen und als Projektionsflächen für die Assoziationen ihrer Betrachterinnen und Betrachter wirken. Neben dem Einsatz von Acryl und Tusche, Pinsel und Feder wird dies in dieser Serie zusätzlich mit den Mitteln der Collage verstärkt. Michael Kruschas Blick auf die Lausitzer Tagebaulandschaften ist frei von Wehmut. Vielmehr ist es eine distanzierte wie fokussierte Betrachtung der brachialen Kraft, mit der sich die Maschinen kompromisslos in die Landschaft eingraben. Wie Schwarze Tage (2012) deutlich zeigt, steckt in dieser technoiden Kraft Rhythmus und in den Linien der dystopischen Gelände Poesie.

Sabrina Kotzian, Kunsthistorikerin